Bundesverfassungsgericht
- 1 BvR 1372/90 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn K...
gegen a) | den Beschluß des
Bundesgerichtshofs vom 4. Februar 1991 - II ZB 2/91 -, |
b) | den Beschluß des
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. Oktober 1990 - 19 W 9/88 -, |
c) | den Beschluß des
Landgerichts Düsseldorf vom 16. Dezember 1987 - 34 AktE 1/82 - |
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den
Vizepräsidenten Papier
und die Richter Grimm,
Hömig
gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 4. April 1998 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Feldmühle-Urteil entschieden, daß eine Mehrheitsumwandlung nur dann zulässig ist, wenn die zum Ausscheiden gezwungenen Minderheitsaktionäre für den Verlust ihrer Rechtsstellung wirtschaftlich entschädigt werden (BVerfGE 14, 263 <283>). Die in dieser Entscheidung aufgestellten Maßstäbe ermöglichen auch die Entscheidung dieses Falles. Zu einer Fortentwicklung gibt er keinen Anlaß. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, weil die Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
1. Der Beschwerdeführer wird durch die angegriffenen Entscheidungen nicht in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt.
Eine Mehrheitsumwandlung und der damit verbundene Verlust der Position als Aktionär ist nur dann mit dem Eigentumsgrundrecht vereinbar, wenn die zum Ausscheiden gezwungenen Minderheitsaktionäre für den Verlust ihrer Rechtsstellung wirtschaftlich voll entschädigt werden (BVerfGE 14, 263 <283>). Der Abfindungsanspruch in entsprechender Höhe ist folglich verfassungsrechtliche Bedingung für die Zulässigkeit einer Mehrheitsumwandlung. Dies ändert jedoch nichts daran, daß es sich bei dem Ausgangsverfahren um einen Zivilrechtsstreit handelt, den die Gerichte nach den dafür geltenden Regelungen zu entscheiden haben. Das Bundesverfassungsgericht hat die von den Zivilgerichten vorgenommene Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts als solche nicht zu überprüfen. Die Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht beschränkt sich vielmehr darauf, ob die Entscheidungen der Zivilgerichte Auslegungsfehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (BVerfGE 7, 198 <206 f.>; 18, 85 <93>; stRspr).
a) Der Auffassung des Landgerichts, daß bei der Unternehmenswertermittlung Schadenersatzansprüche der Gesellschaft nicht zu berücksichtigen seien, ist das Oberlandesgericht nicht gefolgt. Daher bedarf es keiner Entscheidung, ob die vom Landgericht vertretene Auffassung mit Art. 14 Abs. 1 GG zu vereinbaren wäre.
b) Das Oberlandesgericht hat die Bedeutung des Eigentumsgrundrechts der ausscheidenden Aktionäre bei der Bestimmung des Abfindungsanspruchs nicht verkannt. Es hat vielmehr aus Art. 14 Abs. 1 GG die Konsequenz gezogen, daß Schadenersatzansprüche der Gesellschaft auch im Spruchverfahren zu berücksichtigen sind, damit der Minderheitsgesellschafter einer Schädigung der Gesellschaft durch die Mehrheitsgesellschafter vor dem Bewertungsstichtag nicht schutzlos ausgeliefert ist. Das Oberlandesgericht hat damit in seinem rechtlichen Ausgangspunkt dem besonderen Schutzbedürfnis der Minderheitsaktionäre bei der Mehrheitsumwandlung Rechnung getragen.
Die Erwägungen des Oberlandesgerichts, ein nach § 12 Abs. 1 UmwG unternehmenswerterhöhender Schadenersatzanspruch der Gesellschaft wegen des Vertrages vom 26. November 1980 bestehe nicht, beruhen auf der Auslegung und Anwendung einfachen Rechts, die der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen ist. Nach Ansicht des Fachgerichts ist kein Schaden entstanden, weil kein Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung erkennbar sei. Dem liegt eine Bewertung der vertraglich vereinbarten Leistungen zugrunde, deren Ergebnis nicht mit der besonderen Schutzbedürftigkeit der Minderheitsaktionäre bei der Mehrheitsumwandlung in Beziehung steht.
Die Auffassung des Oberlandesgerichts, daß ein möglicher Schadenersatzanspruch der Gesellschaft aus § 117 Abs. 1 Satz 1 AktG im Hinblick auf den Vertrag vom 4. Februar 1971 wegen Verjährung dieses Anspruches nicht zu einer Unternehmenswerterhöhung führe, beruht ebenfalls nicht auf einer Mißachtung des besonderen Schutzbedürfnisses der Minderheitsaktionäre bei der Mehrheitsumwandlung. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, daß der Zeitpunkt, in dem die Minderheitsaktionäre von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangten, für den Verjährungsbeginn unerheblich ist, entspricht der Regelung des § 198 BGB und der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa BGHZ 73, 363 <365>; 100, 228 <231>). Diese Regelung stellt eine zulässige Ausgestaltung des Aktienrechts dar; sie wird durch das besondere Schutzbedürfnis der Minderheitsaktionäre bei der Mehrheitsumwandlung nicht berührt.
2. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer auch nicht in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Sie sind nicht willkürlich.
Willkürlich ist ein Richterspruch nur dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß er auf sachfremden Erwägungen beruht. Eine fehlerhafte Auslegung eines Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise mißdeutet wird (BVerfGE 80, 48 <51>; 87, 273 <278 f.>).
Daß die Ausführungen des Oberlandesgerichts, die WKB sei durch den Vertrag vom 26. November 1980 nicht geschädigt worden, willkürlich in diesem Sinn wären, ist nicht erkennbar. Es orientiert sich an allgemeinen schadensrechtlichen Begriffen und geht von der nachvollziehbaren Überlegung aus, daß das Geschäft nur nachteilig gewesen sein könne, wenn eine angemessene Gegenleistung für die Einräumung der Kaufoption nicht vereinbart worden oder ohne dieses Geschäft ein höherer Preis für die Löwenbräu-Beteiligung erzielbar gewesen wäre. Mit beiden Ansätzen setzt es sich auseinander und kommt in jedenfalls nicht völlig unvertretbarer Weise zu der Annahme, daß ein Schaden nicht vorlag.
Auch die Auffassung des Oberlandesgerichts, ein Schaden sei bereits mit Abschluß des Vertrages vom 4. Februar 1971 eingetreten, ist nicht willkürlich. Die Erwägung, daß die Einräumung eines Vorerwerbsrechts an einem Aktienpaket dessen Wert schmälert und daher in Ermangelung einer Gegenleistung eine Vermögensminderung darstellt, ist nachvollziehbar. Die freie Verfügbarkeit des Inhabers wird durch ein solches Vorerwerbsrecht beeinträchtigt. Er muß bei einem Verkauf nach dritter Seite damit rechnen, daß der Vorerwerbsberechtigte von seinem Recht Gebrauch macht. Möglicherweise wird es aus diesem Grunde schwieriger, überhaupt einen Käufer zu finden.
Auch die Nichtberücksichtigung des Einwandes des Rechtsmißbrauchs gegenüber der Verjährungseinrede, der von dem Beschwerdeführer erst im Zusammenhang mit der weiteren Beschwerde erhoben wurde, durch das Oberlandesgericht ist nicht willkürlich. Zwar kann es auch willkürlich sein, wenn das Gericht eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt hat (vgl. BVerfGE 80, 48 <51>; 87, 273 <278 f.>). Das ist hier aber nicht der Fall. Es lagen zwar Anhaltspunkte dafür vor, daß das Erheben der Verjährungseinrede in einem Klageverfahren rechtsmißbräuchlich gewesen wäre. Offensichtlich ist dies aber nicht.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Papier | Grimm | Hömig |