BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvQ 20/04 -
In dem Verfahren
über
den Antrag,
im Wege der einstweiligen Anordnung
die Vollziehung des Beschlusses des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24. Mai 2004 - S 34 KR 86/04 ER - bis zur Entscheidung des Landesozialgerichts Nordrhein-Westfalen im Beschwerdeverfahren L 2 B 16/04 KR ER, auszusetzen.
Antragstellerin: T..., vertreten durch den Vorstand,
Ginnheimer Landstraße 11, 60487 Frankfurt -
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsge gerichts durch
den Präsidenten Papier,
die Richterin Haas
und den Richter Hoffmann-Riem
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93 d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 1. Juli 2004 einstimmig beschlossen:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe:
Das Eilverfahren betrifft die gerichtliche Untersagung von Äußerungen.
1. Nach erfolgter Fusion zweier Betriebskrankenkassen setzte die Antragstellerin den allgemeinen Beitragssatz für pflichtversicherte Beschäftigte neu fest. Für einen Teil der bei der Antragstellerin Versicherten ist der Beitragsatz nun höher als vorher. Daraufhin kam es zu vorzeitigen Kündigungen. Die Antragstellerin teilte den Versicherten mit, dass ein Sonderkündigungsrecht nach § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V nicht gegeben sei.
Die AOK Rheinland - die Antragstellerin im Ausgangsverfahren - stellte bei dem Sozialgericht Düsseldorf mit Erfolg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Unter anderem untersagte das Sozialgericht der Antragstellerin bei Androhung eines Ordnungsgeldes, auf die 18-monatige Bindungsfrist des § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V hinzuweisen und Versicherten mitzuteilen, dass kein Sonderkündigungsrecht bestehe. Die Antragstellerin gehe zu Unrecht davon aus, dass ein Sonderkündigungsrecht auf Grund der Beitragserhöhung nicht existiere.
Die Antragstellerin erhob beim Landessozialgericht Beschwerde und beantragte, den Vollzug der angefochtenen Entscheidung einstweilen auszusetzen. Diesen Antrag lehnte das Landessozialgericht durch Beschluss vom 18. Juni 2004 ab.
Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung rügt die Antragstellerin eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
2. Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg, weil die Antragstellerin nicht Trägerin des Grundrechts der Meinungsfreiheit ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gelten die Grundrechte grundsätzlich nicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit diese öffentliche Aufgaben wahrnehmen (vgl. BVerfGE 39, 302 <312 f.>; 68, 193 <205 ff.>; 75, 192 <197 ff.>). Die Antragstellerin ist eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. § 4 Abs. 1 SGB V). Sie hat die beanstandeten Äußerungen im Zusammenhang mit der Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben gemacht (vgl. etwa § 14 f. SGB I). Für die Beschwerdeführerin gibt es - anders als für Universitäten und öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten - keine besondere Zuordnung zu dem durch Grundrechte geschützten Lebensbereich (vgl. hierzu BVerfGE 31, 314 <322>; 107, 299 <309 f.>; BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 7. Juni 1991 - 1 BvR 1707/88 -).
Papier | Haas | Hoffmann-Riem |