Bundesverfassungsgericht

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Mündliche Verhandlung in Sachen „Sampling“ am Mittwoch, 25. November 2015, 10.00 Uhr

Pressemitteilung Nr. 77/2015 vom 28. Oktober 2015

Aktenzeichen: 1 BvR 1585/13

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am 

Mittwoch, 25. November 2015, 10.00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe

über eine Verfassungsbeschwerde, mit der sich die Beschwerdeführer gegen zivilgerichtliche Urteile zur urheberrechtlichen Zulässigkeit des Samplings wenden.

1. Als Sampling wird in der Musik ein Gestaltungsmittel verstanden, das in der Speicherung von Klängen aus unterschiedlichen Tonquellen und der Verarbeitung dieser Klänge in einem neuen Musikstück besteht. Der Einsatz von Sampling spielt insbesondere im Bereich des Hip-Hop und der elektronischen Musik eine bedeutende Rolle.

2. Beschwerdeführer sind unter anderem die zwei Komponisten und die Sängerin des Titels „Nur mir“, der 1997 in mehreren Versionen auf dem Album „Die neue S-Klasse“ und auf einer EP („Extended Play“) veröffentlicht wurde, sowie die Musikproduktionsgesellschaft, die das Album und die EP hergestellt hat. Nach den zivilgerichtlichen Feststellungen war zur Herstellung von zwei Versionen des Titels „Nur mir“ eine Rhythmussequenz von zwei Sekunden aus der Tonspur des Titels „Metall auf Metall“ aus dem Album „Trans Europa Express“ der deutschen Band „Kraftwerk“ von 1977 im Original entnommen und in nur geringfügig veränderter Form den beiden Versionen als fortlaufend wiederholte Rhythmusfigur („Loop“) zugrunde gelegt worden.

Auf Klage von zwei Gründungsmitgliedern der Band „Kraftwerk“ wurden die Komponisten und die Musikproduktionsgesellschaft verurteilt, die Herstellung und den Vertrieb von Tonträgern mit den beiden betroffenen Versionen des Titels „Nur mir“ zu unterlassen und bereits bestehende Tonträger an die Kläger zur Vernichtung herauszugeben. Außerdem wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführer den Klägern schadensersatzpflichtig seien. Der Bundesgerichtshof, der zweimal mit der Sache befasst war, erhielt die Verurteilung aufrecht (Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 112/06, Metall auf Metall I - und Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 182/11, Metall auf Metall II -). Auch die Entnahme kleinster Ausschnitte aus einer fremden Tonspur stelle einen Eingriff in das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) dar und bedürfe grundsätzlich dessen Zustimmung. Eine Ausnahme hiervon bestehe, wenn es sich um eine freie Benutzung gemäß der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 24 Abs. 1 UrhG handle. Voraussetzung hierfür sei aber, dass die betreffende Sequenz nicht in gleichwertiger Art und Weise nachgespielt werden könne. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts Hamburg  (Urteil vom 17. August 2011 - 5 U 48/05 -) sei dies hier jedoch möglich gewesen, so dass sich die Beschwerdeführer nicht auf das Recht auf freie Benutzung berufen könnten.

3. Die Komponisten und die Musikproduktionsgesellschaft machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde insbesondere eine Verletzung ihres Grundrechts auf Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geltend. Die Annahme eines urheberrechtlichen Eingriffs in das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers bereits bei der Entnahme kleinster Ausschnitte aus einer fremden Tonspur verletze schon für sich genommen die Kunstfreiheit. Jedenfalls nicht selbstständig auswertbare Teile eines Tonträgers könnten nicht dem Schutz des § 85 UrhG unterfallen. Das Sampling bewirke zudem nur einen geringfügigen Eingriff in die Tonträgerherstellerrechte ohne die Gefahr merklicher wirtschaftlicher Nachteile, weshalb das Interesse des Tonträgerherstellers am Schutz seines geistigen Eigentums gegenüber der künstlerischen Entfaltungsfreiheit zurücktreten müsse.

Auch das Kriterium für ein Recht auf freie Benutzung (das heißt die fehlende gleichwertige Nachspielbarkeit) und dessen Anwendung im konkreten Fall trage der Kunstfreiheit nicht hinreichend Rechnung. Es genüge nicht dem Gebot der Bestimmtheit und verunsichere die Musikschaffenden darüber, ob ihr Tun Leistungsschutzrechte verletze. Musikschaffenden werde es unmöglich, sich mit Tonaufnahmen der Vergangenheit musikalisch auseinanderzusetzen, die die heutige Popmusik, insbesondere die elektronische Musik, maßgeblich prägten. Darüber hinaus mache es keinen Sinn zu verlangen, dass der Ausschnitt selbst hergestellt werde, da durch die Bezugnahme auf das gesampelte Werk gerade der Originalkontext gesucht werde.

4. Die Sängerin des Titels „Nur mir“ war nicht am Ausgangsverfahren beteiligt. Sie sieht sich dadurch in ihrem Grundrecht auf Kunstfreiheit verletzt, dass Tonträger mit den beanstandeten Versionen des Titels „Nur mir“ nach den angegriffenen Urteilen nicht mehr vertrieben werden dürfen. Bei den weiteren acht Beschwerdeführern handelt es sich um Musikschaffende, die sich durch die urheberrechtliche Beschränkung des Samplings in den angegriffenen Urteilen des Bundesgerichtshofs von der Ausübung ihrer Kunst abgehalten sehen.

5. Die Verhandlungsgliederung wird vor der mündlichen Verhandlung gesondert bekannt gegeben.

Hinweise für interessierte Bürgerinnen und Bürger

Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der mündlichen Verhandlung bzw. Urteilsverkündung teilnehmen wollen, wenden sich bitte an 

Herrn Oberamtsrat Stadtler
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
Telefon: +49 (721) 9101-400
Telefax: +49 (721) 9101-461
E-Mail: besucherdienst@bundesverfassungsgericht.de

Bei der Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum und die Erreichbarkeit (per Telefon, Telefax oder E-Mail) anzugeben. 

Die Vergabe der Besucherplätze erfolgt nach der Reihenfolge des Eingangs.

Akkreditierungsbedingungen und Hinweise

Akkreditierung

Das Akkreditierungsverfahren beginnt mit Veröffentlichung der Pressemitteilung und endet am Freitag, 20. November 2015, um 12.00 Uhr. Nach Ablauf der festgesetzten Frist sind keine Akkreditierungen mehr möglich.

Für Akkreditierungsgesuche ist das bereitgestellte Formular zu benutzen. Das Formular muss vollständig ausgefüllt und unterschrieben sein. Zudem ist, soweit vorhanden, eine Kopie des gültigen Presseausweises beizufügen; dies ist bei den folgenden Akkreditierungen während der Laufzeit des Presseausweises nicht mehr erforderlich. Das Akkreditierungsgesuch kann per E-Mail an die Adresse presse@bundesverfassungsgericht.de oder per Telefax an die Rufnummer +49 (721) 9101-461 übermittelt werden. Akkreditierungsgesuche an sonstige E-Mail-Adressen oder Telefaxanschlüsse des Gerichts werden nicht berücksichtigt.

Die Mitglieder der Justizpressekonferenz Karlsruhe e.V. können ihr Akkreditierungsgesuch formlos an die Pressestelle des Bundesverfassungsgerichts übermitteln.

Akkreditierungsgesuche werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt; bei etwaiger Zeitgleichheit entscheidet das Los. Einige Tage nach Ablauf der Frist versendet das Bundesverfassungsgericht eine Benachrichtigung über die erfolgreiche bzw. nicht erfolgreiche Akkreditierung.

Verfügbare Sitzplätze und Sitzplatzvergabe

Für Medienvertreter stehen auf der Presseempore im Sitzungssaal insgesamt 42 Sitzplätze zur Verfügung. Davon sind 11 Plätze für die Mitglieder der Justizpressekonferenz reserviert. Jeder Sitzplatz wird an die Person vergeben, die ihn zuerst einnimmt. Soweit Medienvertreter auf der Presseempore keinen Platz finden, können sie die mündliche Verhandlung bzw. Urteilsverkündung im Presseraum oder - soweit dort Sitzplätze verfügbar sind - im Sitzungssaal verfolgen.

Im Presseraum findet eine Tonübertragung aus dem Sitzungssaal statt. Hier stehen 60 Arbeitsplätze an Tischen zur Verfügung; Steckdosen für Laptops sind in begrenzter Zahl vorhanden. Die Kapazität von mobilen Telefon- und Datennetzen kann vom Bundesverfassungsgericht nicht garantiert werden.

Ergänzende Regelungen für den Sitzungsaal

Das Telefonieren, Twittern und sonstige Versenden von Nachrichten, das Abrufen von Daten sowie jegliche Nutzung des Internets im bzw. aus dem Sitzungssaal sind nicht gestattet. Alle für diese Zwecke nutzbaren elektronischen Geräte, insbesondere Mobiltelefone, Laptop-Computer oder Tablet-Computer, dürfen im Sitzungssaal nicht verwendet werden. Medienvertretern kann die Nutzung von Computern im Offline-Betrieb auf der Presseempore gestattet werden, soweit sichergestellt ist, dass mit den Geräten weder Ton- und Bildaufnahmen sowie Datenübermittlungen durchgeführt werden.

Foto- und Fernsehaufnahmen; Pool-Bildung

Bei mündlichen Verhandlungen sind Foto-, Film-, und Tonaufnahmen zulässig bis zum Abschluss der Feststellung der Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten durch den Vorsitzenden des Senats. Danach haben Fotografen und Kamerateams die Ebene des Sitzungssaals (auch den äußeren Flurraum und die Presseempore) zu verlassen. Zum Aufenthalt steht der Empfangsraum im ersten Obergeschoss zur Verfügung. Urteilsverkündungen können vollständig in Bild und Ton übertragen werden.

Für Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal werden Medienpools gebildet. Zugelassen werden zwei Fernsehteams (ein öffentlich-rechtlicher und ein privat-rechtlicher Sender mit jeweils maximal drei Kameras) sowie sechs Fotografen (vier Agenturfotografen und zwei freie Fotografen). Die Poolführer verpflichten sich, gefertigte Foto- und Filmaufnahmen anderen Rundfunk- und Fernsehsendern sowie Fotoagenturen auf Anfrage zur Verfügung zu stellen.

Die Bereitschaft zur Übernahme einer Poolführerschaft ist mit dem Akkreditierungsgesuch ausdrücklich zu erklären. Die Vergabe der Poolführerschaft erfolgt nach der Reihenfolge des Eingangs; bei etwaiger Zeitgleichheit entscheidet das Los. Die Bestimmung der konkret mitwirkenden Personen bleibt den Fernsehsendern bzw. den Agenturen und Fotografen selbst überlassen.

Bei Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal darf durch Fotografen und sonstige Medienvertreter das freie Blickfeld des Senats nach allen Seiten nicht verstellt werden. Der Aufenthalt hinter der Richterbank ist nicht gestattet. Entsprechenden Anweisungen der Amtsmeister ist Folge zu leisten. Foto- und Filmaufnahmen sind ausschließlich mit geräuscharmen Apparaten ohne Blitzlicht gestattet.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. Urteilsverkündung sind Interviews sowie Fernseh- und Fotoaufnahmen mit Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen im Sitzungssaal lediglich für den Zeitraum von 20 Minuten zugelassen. Für weitere Aufnahmen stehen der Empfangsraum im ersten Obergeschoss oder das Foyer im Erdgeschoss zur Verfügung.

Fahrzeuge der Radio- und Fernsehteams sowie Techniker

Für SNG-, Schnitt- und Übertragungsfahrzeuge steht nur eine begrenzte Anzahl von Standplätzen zur Verfügung. Falls Standplätze benötigt werden, ist dies bereits mit dem Akkreditierungsgesuch im bereitgestellten Formular anzugeben. Die Standplätze werden nach Eingang des Antrags vergeben. Für die Zuweisung der Standplätze werden folgende Angaben benötigt: Kennzeichen, Fahrzeug-Typ, Fabrikat, Abmessungen (LxBxH in m), Gewicht und evtl. Bedarf an Strom, der über das Bundesverfassungsgericht bezogen werden soll.

Nachgereicht werden können die Namen, Geburtsdaten und Personalausweisnummern der begleitenden Techniker sowie die Fahrzeugdaten. Hierfür ist – auch für Medien, die durch Mitglieder der Justizpressekonferenz vertreten sind – ausschließlich das bereitgestellte Formular zu benutzen. Das Formular kann innerhalb der festgesetzten Frist per E-Mail an die Adresse presse@bundesverfassungsgericht.de oder per Telefax an die Rufnummer +49 (721) 9101-461 übermittelt werden, spätestens bis Dienstag, 24. November 2015, um 12.00 Uhr.

Anfahrt und Aufbau sind am Vortag der mündlichen Verhandlung bzw. Urteilsverkündung von 9:00 bis 18:00 Uhr sowie am Tag der mündlichen Verhandlung bzw. Urteilsverkündung zwischen 7:00 und 9:00 Uhr möglich.

Aufbau von Studios

Der Aufbau von Studios ist vorab mit der Pressestelle abzustimmen. Hierfür stehen ausschließlich der Presseempfangsraum im ersten Obergeschoss sowie das Foyer im Erdgeschoss zur Verfügung.

Diese Hinweise finden ihre Grundlage in § 17a BVerfGG in Verbindung mit den ergänzenden Regelungen des Ersten und Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts.