Leitsatz
zum Beschluß des Zweiten Senats vom 8. Juli 1992
- 2 BvL 27/91 -
- Zur Zuständigkeit der Richterdienstgerichte in den Verfahren zur Überprüfung der Entscheidungen der Richterwahlausschüsse nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe o) zum Einigungsvertrag (Übernahme von Richtern der ehemaligen DDR).
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvL 27/91 -
- 2 BvL 31/91 -
IM NAMEN DES VOLKES
In den Verfahren
zur Prüfung,
1. |
ob § 61 Absatz 6 Satz 4 (ggf. Absatz 7 Satz 1) des Richtergesetzes des Freistaates Sachsen vom 29. Januar 1991 (GVBl. S. 21) mit Bundesrecht vereinbar ist, soweit danach Entscheidungen der Richterwahlausschüsse über den Fortbestand der Richterverhältnisse der nach den Vorschriften des Richtergesetzes der Deutschen Demokratischen Republik zur Ausübung der Rechtsprechung ermächtigten Richter beim Sächsischen Dienstgericht für Richter angefochten werden können; |
2. |
ob § 38 Absatz 1 des Richtergesetzes des Freistaates Sachsen vom 29. Januar 1991 mit dem Deutschen Richtergesetz vereinbar ist. |
- Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Sächsischen Dienstgerichts für Richter, Harkortstraße 9, Leipzig, vom 16. Oktober 1991 - |
- DG 6/91 (2 BvL 27/91) - |
- DG 7/91 (2 BvL 31/91) - |
hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat - unter Mitwirkung
des Richters Böckenförde als Vorsitzenden,
des Richters Klein,
der Richterin Graßhof,
und der Richter Kruis,
Kirchhof,
Winter,
Sommer
am 8. Juli 1992 beschlossen: |
- § 61 Absatz 6 Satz 4 und Absatz 7 Satz 1 des Richtergesetzes des Freistaates Sachsen vom 29. Januar 1991 (Sächsisches Gesetz- und Verordnungsbl. S. 21) ist mit §§ 71, 78 des Deutschen Richtergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 713) - zuletzt geändert am 30. Juni 1989 (Bundesgesetzbl. I S. 1282) - in Verbindung mit § 126 des Beamtenrechtsrahmengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1985 (Bundesgesetzbl. I S. 462) unvereinbar und gemäß Artikel 72 Absatz 1 des Grundgesetzes nichtig, soweit danach die Zuständigkeit des Sächsischen Dienstgerichts für Richter für die Anfechtung von Entscheidungen der Richterwahlausschüsse nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe o) zum Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (Bundesgesetzbl. II S. 889) begründet wird.
G r ü n d e :
A.
Gegenstand der zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Vorlagen ist die Frage, ob es mit Bundesrecht, insbesondere mit dem Deutschen Richtergesetz - DRiG -, vereinbar ist, daß § 61 Abs. 6 Satz 4 und Abs. 7 Satz 1 des Richtergesetzes des Freistaates Sachsen vom 29. Januar 1991 (GVBl. S. 21) - SächsRiG - die Zuständigkeit für die Überprüfung von Ent- scheidungen der Richterwahlausschüsse im Verfahren zur Übernahme von Richtern der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in ein Richterdienstverhältnis dem Dienstgericht für Richter überträgt.
I.
1. a) Nach § 45 Abs. 1 des Richtergesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 5. Juli 1990 (GBl. I S. 637) - DDR-RiG -, in Kraft getreten am 15. Juli 1990, sind die bei Inkrafttreten des Gesetzes als Richter tätigen Berufsrichter mit ihrer Zustimmung in ein Richterverhältnis auf Probe oder auf Zeit zu berufen. Die Berufung setzt die Zustimmung eines Richterwahlausschusses voraus (§ 12 Abs. 1 DDR-RiG). Die nach § 12 DDR-RiG in Verbindung mit der Ordnung über die Bildung und Arbeitsweise der Richterwahlausschüsse vom 22. Juli 1990 (GBl. I S. 904) - ORWA - gebildeten Richterwahlausschüsse prüfen, ob der Bewerber die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für ein Berufsrichteramt besitzt und von seiner Persönlichkeit her die Gewähr dafür bietet, daß er sein Amt entsprechend den Grundsätzen der Verfassung ausüben wird (§§ 9 Abs. 1, 13 Abs. 4 DDR-RiG; § 5 ORWA). Die Berufungsverfahren waren innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes vorzunehmen; bis zu diesem Zeitpunkt ermächtigte § 45 Abs. 2 DDR-RiG die amtierenden Berufsrichter ausdrücklich zur Ausübung der Rechtsprechung.
b) Nach dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889) - Einigungsvertrag - richtet sich die Übernahme der Richter aus dem Dienst der Deutschen Demokratischen Republik im wesentlichen auch weiterhin nach diesen Vorschriften:
Nach Art. 8 Einigungsvertrag tritt mit dem Wirksamwerden des Beitritts im Beitrittsgebiet Bundesrecht in Kraft, soweit durch diesen Vertrag, insbesondere dessen Anlage I, nichts anderes bestimmt wird. Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 zum Einigungsvertrag setzt das Deutsche Richtergesetz mit den Maßgaben a) - z) in Kraft. Nach der hier einschlägigen Maßgabe o) gelten für den Fortbestand der Richterverhältnisse der am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts amtierenden Richter die Vorschriften des Richtergesetzes der Deutschen Demokratischen Republik in Verbindung mit der Ordnung über die Bildung und Arbeitsweise der Richterwahlausschüsse (Abs. 1 Satz 1); die Richterwahlausschüsse sollen über den Fortbestand der Richterverhältnisse der nach den Vorschriften des Richtergesetzes der Deutschen Demokratischen Republik zur Ausübung der Rechtsprechung ermächtigten Richter spätestens bis zum 15. April 1991 entscheiden (Abs. 2 Satz 1); bis zur Entscheidung durch den Richterwahlausschuß sind die im Amt befindlichen Richter zur Ausübung der Rechtsprechung ermächtigt (Abs. 2 Satz 2).
c) Das Recht der DDR schloß den Rechtsweg gegen Entscheidungen der Richterwahlausschüsse aus. Nach § 13 Abs. 6 Satz 1 DDR-RiG in Verbindung mit § 8 Abs. 4 Satz 2 ORWA konnte gegen die ablehnende Entscheidung eines Richterwahlausschusses innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Entscheidung Beschwerde an den bei der Volkskammer zu bildenden zentralen Richterwahlausschuß (vgl. § 12 Abs. 2 DDR-RiG) eingelegt werden (§ 13 Abs. 6 Satz 1 DDR-RiG, § 8 Abs. 4 Satz 2 ORWA). Dieser Ausschuß sollte über die Beschwerde endgültig entscheiden (§ 13 Abs. 6 Satz 2 DDR-RiG, § 8 Abs. 4 Satz 3 ORWA).
Das Richtergesetz des Freistaates Sachsen eröffnet nun in § 61 Abs. 6 Satz 4 und Abs. 7 Satz 1 SächsRiG den Rechtsweg zum Dienstgericht für Richter.
§ 61 Abs. 6 hat folgenden Wortlaut:
Bei Entscheidungen nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Buchstabe o) Absatz 2 des Einigungsvertrags finden die Vorschriften über die Beteiligung der Richtervertretung keine Anwendung. Entscheidungen nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Buchstabe h) und k) des Einigungsvertrags werden durch den Staatsminister der Justiz nach Beteiligung des Präsidialrats getroffen. Soweit noch kein Präsidialrat gewählt ist, gilt Absatz 3 Satz 4 mit der Maßgabe, daß bis zu dem in Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Buchstabe o) Absatz 2 Satz 1 des Einigungsvertrags genannten Zeitpunkt die Richterwahlausschüsse zu beteiligen sind. Die Entscheidungen können beim Dienstgericht angefochten werden. Das für Anfechtungen nach § 34 Nr. 4 Buchstabe d) geltende Verfahren gilt entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten für Staatsanwälte entsprechend.
Neben § 61 Abs. 6 Satz 4 SächsRiG erklärt auch § 61 Abs. 7 Satz 1 das Richterdienstgericht für zuständig; die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
Soweit über die in Absatz 6 genannten Fälle hinaus Entscheidungen der Richterwahlausschüsse anfechtbar sind, entscheidet hierüber das Dienstgericht.
2. Soweit die Vorlagen darüber hinaus die Frage betreffen, ob § 38 Abs. 1 SächsRiG mit Bundesrecht vereinbar ist, soweit dort die Besetzung der Dienstgerichte mit nichtständigen Beisitzern nicht vorgesehen ist, sind sie durch die mittlerweile erfolgte Änderung dieser Vorschrift (vgl. Art. 9 § 1 Nr. 8 des Gesetzes über die Organisation der Gerichte im Freistaat Sachsen vom 30. Juni 1992 <GVBl. S. 287>) gegenstandslos geworden.
II.
1. Die Antragsteller in den Ausgangsverfahren waren bei Inkrafttreten des Einigungsvertrags in der DDR als Richter tätig. Nach dem Beitritt begehrten sie beim Sächsischen Staatsministerium der Justiz die Übernahme in ein Berufsrichterverhältnis. Nach Durchführung eines Überprüfungsverfahrens traf der jeweils zuständige Richterwahlausschuß folgende Entscheidung:
1. Der Bewerber besitzt die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für das Richteramt nicht.
2. Sein Richterverhältnis und seine Ermächtigung zur Ausübung der Rechtsprechung sind beendet.
Im Verfahren 2 BvL 31/91 wurde darüber hinaus die sofortige Vollziehung der Entscheidung angeordnet.
Die Antragsteller riefen daraufhin das Sächsische Dienstgericht für Richter an und beantragten sinngemäß die Überprüfung der Entscheidung des Richterwahlausschusses sowie die Fortsetzung ihrer Richterverhältnisse. Antragsgegner ist jeweils der Freistaat Sachsen.
2. Das Sächsische Dienstgericht für Richter hat die Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Klärung der Frage vorgelegt,
ob die Zuständigkeit des Dienstgerichts nach § 61 Abs. 6 Satz 4 (ggf. Abs. 7 Satz 1) SächsRiG, soweit danach Entscheidungen der Richterwahlausschüsse über den Fortbestand der Richterverhältnisse der nach den Vorschriften des Richtergesetzes der DDR zur Ausübung der Rechtsprechung ermächtigten Richter beim Dienstgericht angefochten werden können, mit §§ 71 Abs. 1 Satz 1, 78 DRiG und § 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 Abs. 1 BRRG vereinbar ist.
Zur Begründung der Vorlage führt das Gericht aus, im Falle der Gültigkeit der Norm werde es zu einer anderen Entscheidung gelangen als im Falle ihrer Ungültigkeit. Dann wäre nicht das Dienstgericht zur Entscheidung berufen, sondern der Verwaltungsrechtsweg zum örtlich zuständigen Kreisgericht - Kammern für Verwaltungssachen - gemäß Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe a) Abs. 3 sowie Maßgaben t) und u) und Nr. 6 zum Einigungsvertrag eröffnet. Denn es handele sich grundsätzlich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, für die nach § 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 Abs. 1 BRRG der Verwaltungsrechtsweg vorgeschrieben sei.
a) Die Zuständigkeit des Dienstgerichts werde durch § 61 Abs. 6 Satz 4 SächsRiG begründet. Satz 4 beziehe sich nach seinem Wortlaut auf alle in den vorangegangenen Sätzen genannten Entscheidungen, also auch auf die in Satz 1 in Verbindung mit Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe o) Abs. 2 zum Einigungsvertrag genannten Entscheidungen der Richterwahlausschüsse. Selbst wenn man aber der Auffassung des Freistaates Sachsen folgen wolle, daß die Entscheidungen der Richterwahlausschüsse lediglich von der Auffangvorschrift des § 61 Abs. 7 Satz 1 SächsRiG erfaßt würden, bleibe es bei der landesgesetzlich begründeten Zuständigkeit des Dienstgerichts; die Vorlagefrage beziehe sich dann auf § 61 Abs. 7 Satz 1 SächsRiG.
b) Die Zuweisung an das Richterdienstgericht verstoße gegen §§ 71 Abs. 1 Satz 1, 78 DRiG und § 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 Abs. 1 BRRG.
Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 DRiG seien die Länder verpflichtet, die Rechtsverhältnisse der Richter im Landesdienst nach den §§ 72 bis 84 DRiG zu regeln. Mit dem Beitritt sei das Deutsche Richtergesetz gemäß Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 zum Einigungsvertrag mit den dort genannten Maßgaben auch im Freistaat Sachsen in Kraft getreten. Zwar habe Maßgabe x) den neuen Bundesländern eine Frist bis zum 31. Dezember 1992 eingeräumt, um die Rechtsverhältnisse ihrer Richter nach § 71 Abs. 1 und 2 DRiG zu regeln. Normiere ein Landesgesetzgeber aber vor Fristablauf das Landesrichterrecht, müsse dieses in vollem Umfang mit dem Deutschen Richtergesetz übereinstimmen. Dem genüge die Zuständigkeitsregelung des Richtergesetzes des Freistaates Sachsen nicht:
Nach § 71 Abs. 3 DRiG, § 126 Abs. 1 BRRG sei für dienstrechtliche Streitigkeiten der Richter der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben. Diese Regelung gelte nach der durch den Beitritt erfolgten Übernahme des Deutschen Richtergesetzes auch für die am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts amtierenden Richter der ehemaligen DDR. Die Rechtswegbestimmungen des Deutschen Richtergesetzes würden hinsichtlich der alten Richterverhältnisse auch nicht durch Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe o) in Verbindung mit den Vorschriften des Richtergesetzes der DDR und der Ordnung über die Bildung und Arbeitsweise der Richterwahlausschüsse verdrängt. Da der Rechtsweg nach § 13 Abs. 6 DDR-RiG ausgeschlossen und dies mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar sei, müsse Maßgabe o) grundgesetzkonform dahingehend ausgelegt werden, daß auch für Rechtsstreitigkeiten aus Dienstverhältnissen der Richter der ehemaligen DDR Rechtsschutz eröffnet sei und sich der Rechtsweg nach den einschlägigen Bestimmungen des Deutschen Richtergesetzes richte.
c) Der Verwaltungsrechtsweg sei nach § 71 Abs. 3 DRiG allerdings nur gegeben, soweit das Deutsche Richtergesetz nichts anderes bestimme. § 78 DRiG enthalte aber ausschließlich für die dort genannten Verfahren eine abweichende Regelung. Weitere Zuständigkeiten könne das Landesrichtergesetz den Dienstgerichten nicht zuweisen. Ein Fall des § 78 DRiG, insbesondere der Nr. 4 Buchst. c), oder der entsprechenden Bestimmung des § 34 Nr. 4 Buchst. d) SächsRiG liege schon deshalb nicht vor, weil die Richter der ehemaligen DDR lediglich aufgrund einer Ermächtigung durch den Einigungsvertrag amtierten und keinen Richterstatus innehätten.
Der Landesgesetzgeber sei zwar befugt, auch Streitigkeiten, die in einem engen Sachzusammenhang mit den in § 78 DRiG genannten Eingriffen in die richterliche Unabhängigkeit stehen, den Richterdienstgerichten zuzuweisen; vorliegend fehle es aber an einem solchen Sachzusammenhang. Nach dem Wortlaut von Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe o) Abs. 2 Satz 2 zum Einigungsvertrag ende die Rechtsprechungsermächtigung mit Bekanntgabe der Entscheidung des Richterwahlausschusses unabhängig davon, ob dem Bewerber die persönliche und sachliche Eignung für das Richteramt zuerkannt worden sei oder nicht; diese Entscheidung sei daher mit keinem der in § 78 DRiG genannten Verfahren vergleichbar. Der Wortlaut der Maßgabe o), wonach die Richterwahlausschüsse über den Fortbestand der Richterverhältnisse entscheiden, knüpfe lediglich sprachlich an die bisher bestehende Rechtsprechungsermächtigung an, rechtfertige aber nicht die Auslegung, die Vertragspartner des Einigungsvertrages seien für den Fall der Zustimmung des Richterwahlausschusses zu einem Berufungsvorschlag von einer zeitlich und qualitativ nahtlosen Fortsetzung des bisherigen Richterverhältnisses ausgegangen.
d) Schließlich sei die Rechtswegzuweisung, die das Richtergesetz des Freistaates Sachsen vorgenommen habe, auch nicht nach § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO zulässig, weil § 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 Abs. 1 BRRG gegenüber § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO die speziellere Norm sei.
III.
Zu den Vorlagebeschlüssen haben sich der Bundesminister der Justiz namens der Bundesregierung, die Sächsische Staatsregierung, der Minister für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten für das Land Mecklenburg-Vorpommern und das Ministerium der Justiz für das Land Sachsen-Anhalt sowie im Verfahren 2 BvL 31/91 die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens geäußert.
1. Die Bundesregierung hält die Vorlagen für unbegründet. Die Regelung der gerichtlichen Zuständigkeit für Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen der Richterwahlausschüsse der Länder falle wegen des engen Sachzusammenhangs mit dem Recht dieser Wahlausschüsse in die ausschließliche Landeszuständigkeit gemäß Art. 98 Abs. 4 GG. Der Einigungsvertrag habe keine abweichende Regelung getroffen. Grundgedanke von Maßgabe o) sei es gewesen, den mit dem Richtergesetz der DDR eingeleiteten Selbstreinigungsprozeß möglichst wenig durch bundesrechtliche Vorgaben zu berühren. Das Deutsche Richtergesetz sei allgemeines, auf Dauer angelegtes Recht und betreffe nicht das Übergangsrecht für Richter, die aus dem Dienst der DDR stammten und erst in ein Richterverhältnis nach dem Deutschen Richtergesetz überführt werden sollten.
Die Zuweisung widerstreite auch nicht dem Sinn des § 78 DRiG. Von den Richterdienstgerichten sei richterliche Tätigkeit zu bewerten. Eine ablehnende Entscheidung des Richterwahlausschusses beende das besondere Übergangsrechtsverhältnis der zur Ausübung der Rechtsprechung ermächtigten Richter mit einer der Entlassung vergleichbaren Wirkung. Wegen der Eigenart des Überprüfungsverfahrens stehe der landesrechtlich begründeten Zuständigkeit des Richterdienstgerichts schließlich auch nicht § 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 BRRG entgegen. Diese Sonderzuweisung erfasse nur die dem System des Deutschen Richtergesetzes unterliegenden Fälle. Zu § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO stehe die zu prüfende Regelung nicht in Widerspruch, da der Landesgesetzgeber nach § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO öffentlichrechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts auch einem anderen Gericht als einem Verwaltungsgericht zuweisen könne.
2. Die Sächsische Staatsregierung hält die Vorlagen ebenfalls für unbegründet.
Nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe x) Satz 1 seien die neuen Bundesländer nur verpflich- tet, die Rechtsverhältnisse der Richter im Landesdienst nach § 71 Abs. 1 und 2 DRiG, nicht aber nach § 71 Abs. 3 DRiG zu regeln. Auf § 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 BRRG werde bewußt nicht Bezug genommen, da Maßgabe x) Satz 2 insoweit eine Rechtsverordnung der Bundesregierung vorsehe, die bisher noch nicht vorliege. Maßgabe x) Satz 1 und 2 verdeutliche, daß der Bundesgesetzgeber von seiner Rahmenkompetenz im Hinblick auf die in § 71 Abs. 3 DRiG geregelte Materie nicht habe Gebrauch machen wollen und die dort genannten Rahmenvorschriften in den neuen Bundesländern nicht gelten sollten; diese seien daher bei der Gesetzgebung frei. Zwar nehme § 71 Abs. 1 auch auf § 78 DRiG Bezug. Wegen der fehlenden Verweisung auf § 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 BRRG bedeute dies aber nur, daß die Dienstgerichte mindestens die dort genannten Zuständigkeiten haben müßten, nicht aber, daß zusätzliche Zuständigkeiten ausgeschlossen seien.
3. Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern ist der Ansicht, daß der Freistaat Sachsen die Zuständigkeit des Dienstgerichts nach § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO habe begründen dürfen, weil es sich um Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts handele. Das Verbot einer landesrechtlichen Erweiterung des Zuständigkeitskatalogs der Dienstgerichte sei auf das Recht der nach dem Einigungsvertrag zur Rechtsprechung ermächtigten Richter nicht anwendbar. Nach Art. 8 des Einigungsvertrags sei Bundesrecht nur insoweit in Kraft getreten, als Anlage I nichts anderes bestimme. Eine solche andere Bestimmung enthalte Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe o), die der Maßgabe x) als lex specialis vorgehe. Während die Maßgabe x) die Verpflichtung der Länder enthalte, die Rechtsverhältnisse der Richter dauerhaft zu regeln, handele es sich bei Maßgabe o) sowie den zur Prüfung vorgelegten Vorschriften des Richtergesetzes des Freistaates Sachsen um Übergangsrecht. Dem Zweck der Rahmenregelungen des Deutschen Richtergesetzes, die Richterverhältnisse in den Ländern im wesentlichen einheitlich auszugestalten, komme für das einmalige Überprüfungsverfahren der amtierenden Richter keine Bedeutung zu. Außerdem bestehe ein hinreichend enger Sachzusammenhang zu den in § 78 DRiG genannten Streitigkeiten, da die zur Rechtsprechung ermächtigten Richter seit Inkrafttreten des Grundgesetzes im Beitrittsgebiet richterliche Unabhängigkeit genössen. Schließlich sei § 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 BRRG nicht anwendbar, weil es sich nicht um Streitigkeiten "aus dem Richterverhältnis" handele. Die Berufung in das Richterverhältnis setze vielmehr noch einen Ernennungsakt des Staatsministers der Justiz voraus.
4. Nach Auffassung der Landesregierung von Sachsen-Anhalt sind die Vorlagen begründet. Die Zuständigkeitskataloge der §§ 62, 78 DRiG stellten auf einen Eingriff in die persönliche und sachliche Unabhängigkeit ab. Hieran fehle es vorliegend, da das Dienstverhältnis unabhängig vom Ergebnis des Verfahrens ende.
5. Nach Auffassung der Antragstellerin im Verfahren 2 BvL 31/91 sind die Vorlagen unbegründet. § 78 DRiG sei nicht abschließend. Auch Sinn und Zweck des § 78 DRiG stehe der Regelung des § 61 Abs. 6 Satz 4 und Abs. 7 Satz 1 SächsRiG nicht entgegen. Es bestehe zumindest ein faktisches Richterverhältnis. Die ablehnende Entscheidung des Richterwahlausschusses greife außerdem in die Ausübung richterlicher Tätigkeit ein.
B.
Die Vorlagen sind zulässig. In die Prüfung ist auch § 61 Abs. 7 Satz 1 SächsRiG einzubeziehen. Die Zuständigkeit des Richterdienstgerichtes für die Überprüfung der Entscheidungen der Richterwahlausschüsse nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe o) Abs. 2 zum Einigungsvertrag ergibt sich zwar in erster Linie aus § 61 Abs. 6 Satz 4 SächsRiG. Bei Ungültigkeit des § 61 Abs. 6 Satz 4 SächsRiG würde aber die Zuständigkeit des Dienstgerichts durch die Auffangnorm des § 61 Abs. 7 Satz 1 SächsRiG begründet.
C.
Die zur Prüfung gestellten Regelungen des Richtergesetzes des Freistaates Sachsen sind mit §§ 71, 78 DRiG in Verbindung mit § 126 BRRG nicht vereinbar.
I.
Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 DRiG sind die Länder verpflichtet, die Rechtsverhältnisse der Richter im Landesdienst gemäß den §§ 72 bis 84 DRiG zu regeln. § 77 DRiG verpflichtet die Länder zur Errichtung von Dienstgerichten; § 78 DRiG regelt, welche Zuständigkeit der Landesgesetzgeber den Landesdienstgerichten zuweisen muß und darf. Der Vorschrift des § 78 DRiG entspricht § 34 SächsRiG.
§ 78 DRiG übernimmt für die Richterdienstgerichte der Länder wortgleich den Zuständigkeitskatalog für das Dienstgericht des Bundes (§ 62 DRiG). Er beschreibt die Zuständigkeit der Landesdienstgerichte nach allgemeiner Ansicht nahezu abschließend; der Landesgesetzgeber kann sie grundsätzlich weder einschränken noch erweitern (vgl. etwa BGH - Dienstgericht des Bundes - NJW 1977, S. 248; NJW 1981, S. 2011; BVerwGE 50, 11 <17>; Mühl/Arndt in: Fürst/Finger/Mühl/Niedermaier, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht, Stand April 1992, Bd. I, Teil 5 T § 78 Rdnr. 1; Gerner/Decker/Kauffmann, Deutsches Richtergesetz, 1963, § 78 Anm. 1; Jung in: Das Deutsche Bundesrecht II B 1 zu § 78; Schäfer in: Löwe/Rosenberg, StPO, 22. Aufl., 1974, 3. Bd. A § 78 Anm. 1; Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 4. Aufl., 1988, § 78 Rdnr. 2). Der Landesgesetzgeber kann jedoch den Dienstgerichten über den Wortlaut des § 78 DRiG hinaus solche Verfahren zuweisen, die in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den dort genannten Verfahren stehen (BGH - Dienstgericht des Bundes, NJW 1977, S. 248; NJW 1981, S. 2011; Mühl/Arndt, a.a.O., § 78 Rdnr. 1; Gerner/Decker/Kauffmann, a.a.O., § 78 Anm. 1; Schmidt-Räntsch, a.a.O., § 78 Rdnr. 2).
Soweit eine Zuständigkeit des Dienstgerichts nicht besteht, ist nach § 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 Abs. 1 BRRG für Streitigkeiten aus dem Richterdienstverhältnis unmittelbar kraft Bundesrechts der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.
II.
Die §§ 71, 78 DRiG sind im Freistaat Sachsen nach Art. 8 Einigungsvertrag in Verbindung mit dessen Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 in Kraft getreten; die Maßgaben a) bis z) der Nummer 8 bestimmen nichts anderes.
1. Für den "Fortbestand der Richterverhältnisse der am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts amtierenden Richter" der DDR gelten nach der Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe o) zum Einigungsvertrag das Richtergesetz der Deutschen Demokratischen Republik in Verbindung mit der Ordnung über die Bildung und Arbeitsweise der Richterwahlausschüsse. Das gilt jedoch nicht ausnahmslos. Durch § 13 Abs. 6 DDR-RiG und § 8 Abs. 4 ORWA war der Rechtsweg gegen die Entscheidungen der Richterwahlausschüsse ausgeschlossen. Diese Vorschriften konnten auch bei Berücksichtigung von Art. 143 Abs. 1 GG gemäß Art. 19 Abs. 4 GG keinen Bestand haben. Auf sie kann sich Maßgabe o) deshalb nicht beziehen. Mithin enthält das nach dieser Vorschrift fortgeltende Recht der DDR keine Regelung des Rechtswegs, der aber den Betroffenen gegen sie belastende Entscheidungen der Richterwahlausschüsse nach Art. 19 Abs. 4 GG offenstehen muß. Diese Lücke wird nach der der Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III zum Einigungsvertrag zugrundeliegenden Systematik von den bundesgesetzlichen Rechtswegzuweisungen geschlossen. Denn die Verweisung auf das Recht der DDR in Maßgabe o) kann nur soweit reichen, als das Recht, auf das verwiesen wird, selbst eine Regelung trifft. Ist das nicht der Fall, bleibt es bei der Geltung des im Beitrittsgebiet nach Art. 8 Einigungsvertrag in Verbindung mit Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 grundsätzlich in Kraft getretenen Deutschen Richtergesetzes.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Bund habe den im Beitrittsgebiet entstandenen Bundesländern bei der Regelung des Rechtswegs im Zusammenhang mit der Übernahme der Richter aus dem Dienst der DDR freie Hand lassen wollen. Maßgabe o) läßt sich nur entnehmen, daß es für das Verwaltungsverfahren der Berufung von noch amtierenden Richtern der DDR in ein Richterdienstverhältnis bei der Geltung des Rechts der DDR bewenden soll. Die den Rechtsweg, insbesondere die Zuständigkeit der Richterdienstgerichte, betreffenden Vorschriften des Deutschen Richtergesetzes bleiben davon unberührt.
2. Der Gesetzgeber des Freistaates Sachsen hatte bei der Beschlußfassung über das im Februar 1991 in Kraft getretene Landesrichtergesetz nicht etwa kraft der Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe x) zum Einigungsvertrag die Befugnis, vorübergehend von den durch Art. 8 Einigungsvertrag mit dem Wirksamwerden des Beitritts Geltung erlangenden Bestimmungen der §§ 71, 78 DRiG abzuweichen. Zwar bestimmt Maßgabe x) Satz 1, daß die in Art. 1 Abs. 1 Einigungsvertrag genannten Länder die Rechtsverhältnisse der Richter bis zum 31. Dezember 1992 nach § 71 Abs. 1 und 2 DRiG zu regeln haben. Geschieht dies jedoch - wie im Freistaat Sachsen - vor diesem Zeitpunkt, so ist der Landesgesetzgeber an das Bundesrahmenrecht gebunden. Eine Abweichung von §§ 71, 78 DRiG kann nach Erlaß des Landesrichtergesetzes nicht mehr damit gerechtfertigt werden, der Landesgesetzgeber hätte eine vom Bundesrecht abweichende Rechtslage gemäß Maßgabe x) Satz 1 noch länger bestehen lassen können.
Auch daraus, daß Maßgabe x) den Absatz 3 des § 71 DRiG nicht erwähnt, kann nicht der Schluß gezogen werden, die den Rechtsweg betreffenden Regelungen des Deutschen Richtergesetzes sollten auf die Richter aus dem Dienst der DDR keine Anwendung finden. Denn § 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 BRRG eröffnet den Verwaltungsrechtsweg für Richter im Landesdienst unmittelbar, ohne daß es einer landesrechtlichen Umsetzung bedarf. § 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 Abs. 1 BRRG ist daher mit dem Einigungsvertrag gemäß dessen Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 in Kraft getreten.
3. Schließlich rechtfertigt auch der Umstand, daß es sich bei § 61 Abs. 6 Satz 4 und Abs. 7 Satz 1 SächsRiG um eine Übergangsvorschrift handelt, keine Abweichung vom Bundesrecht. Eine gesetzliche Regelung darf nicht allein deshalb von übergeordnetem Recht abweichen, weil sie eine einigungsbedingte Besonderheit zum Gegenstand hat.
III.
1. Für die Anfechtung von Entscheidungen der Richterwahlausschüsse, die im Verfahren zur Übernahme noch amtierender Richter der ehemaligen DDR in ein Richterdienstverhältnis ergehen, ist die Zuständigkeit der Dienstgerichte nicht schon nach § 78 DRiG zu begründen oder durch § 34 SächsRiG begründet worden. Insbesondere handelt es sich bei einer solchen Entscheidung eines Richterwahlausschusses nicht um eine Maßnahme, die - wie etwa die Entlassung im Sinne des § 78 Nr. 3 Buchst. c) DRiG oder die Verfügungen im Sinne des § 78 Nr. 4 Buchst. c) DRiG - die Beendigung eines Richterverhältnisses zum Inhalt hat.
a) Die Arbeitsverhältnisse der - nach Ablauf ihrer Amtszeit vor wie nach dem 3. Oktober 1990 nurmehr noch - zur Ausübung der Rechtsprechung ermächtigten Richter der früheren DDR waren bei Inkrafttreten des Einigungsvertrages bereits beendet.
Die Amtsperioden der - nach den in der DDR bestehenden Vorschriften grundsätzlich gewählten - Richter bei den Kreis- und Bezirksgerichten und dem Obersten Gericht wurden durch Beschlüsse der Volkskammer vom 17. Mai 1990 und vom 8. Juni 1990 lediglich bis zum Ablauf von drei Monaten nach Inkraft- treten des - zu dieser Zeit in Vorbereitung befindlichen -Richtergesetzes der DDR verlängert (GBl. I S. 269 und S. 283). Das Richtergesetz der DDR ersetzte die Richterwahl durch eine Neuberufung unter der Voraussetzung der sachlichen und persönlichen Eignung des Bewerbers. Die aufgrund der Verlängerung ihrer Wahlperioden noch tätigen Richter wurden nicht kraft Gesetzes in ein Richterverhältnis nach dem Richtergesetz der DDR übernommen. Das Gesetz sieht insoweit lediglich eine Berufung in ein Richterverhältnis auf Zeit oder auf Probe vor, wenn der Richter nach seiner Persönlichkeit die Gewähr dafür bietet, daß er sein Amt nach den Grundsätzen der Verfassung ausüben wird; auch bei langer richterlicher Vortätigkeit ist keine sofortige Berufung zum Richter auf Lebenszeit möglich (vgl. §§ 9 Abs. 1, 11 Abs. 2 Satz 2, 12, 13, 45 Abs. 1 DDR-RiG). Das Richtergesetz der DDR sah vor, die Berufungsverfahren innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes durchzuführen; während dieser Zeit waren die im Amt befindlichen Richter zur Ausübung der Rechtsprechung ermächtigt (§ 45 Abs. 2 DDR-RiG). Im Zeitpunkt des Beitritts beruhte ihre Tätigkeit also nicht mehr auf ihrem früheren Richterverhältnis, sondern auf einer gesetzlich begründeten besonderen und befristeten Ermächtigung zu rechtsprechender Tätigkeit. Das Richtergesetz der DDR ging mithin einerseits von einem Prinzip der Kontinuität in dem Sinne aus, daß es durch die Erteilung einer vorläufigen Rechtsprechungsermächtigung an die amtierenden Richter einen Stillstand der Rechtspflege zu vermeiden trachtete. Andererseits folgte es einem Prinzip der Diskontinuität insoweit, als es eine "Überleitung" bestehender richterlicher Beschäftigungsverhältnisse in rechtsstaatliche Richterverhältnisse strikt vermied; stattdessen sah es vor, die noch tätigen Richter bei gegebener Eignung ebenso wie außenstehende Bewerber neu zu berufen, und zwar nur in ein Richterverhältnis auf Probe oder auf Zeit.
Der Einigungsvertrag hält in Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe o) trotz einiger durch den Beitritt bedingter Änderungen an diesem Konzept fest: Die noch amtierenden Richter sind lediglich vorläufig zur Ausübung der Rechtsprechung ermächtigt; bei gegebener Eignung bedarf es, soweit nicht schon geschehen, der Neubegründung eines Richterdienstverhältnisses (vgl. Rieß in: Löwe/Rosenberg, StPO, 24. Aufl., Nachtrag Einigungsvertrag, 1991, Teil A Rdnr. 46; Schmidt-Räntsch, Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift - DtZ - 1991, S. 33 <36>). Dem steht der Wortlaut der Maßgabe o), wonach die Richterwahlausschüsse über den "Fortbestand der Richterverhältnisse" entscheiden, nicht entgegen. Denn Maßgabe o) verweist in Abs. 1 Satz 1 umfassend auf das im Richtergesetz der DDR vorgesehene Berufungsverfahren. Absatz 2 der Maßgabe o) enthält demgegenüber nur eine Verlängerung der in § 45 Abs. 2 Satz 1 DDR-RiG gesetzten Frist zur Vornahme der Neuberufungen bis zum 15. April 1991 (vgl. Henrichs/Kremer/Hucke, NJW 1991, S. 449 <450>; Schmidt-Räntsch, DtZ 1991, S. 33 <36>). Im übrigen knüpft Maßgabe o) Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich an die Formulierung des § 45 Abs. 2 Satz 2 DDR-RiG an. Der Ausdruck "Fortbestand" ist also allenfalls insoweit zutreffend, als die betroffenen Richter zur Ausübung der Rechtsprechung ermächtigt blieben. Eine darüber hinausgehende statusrechtliche Aussage ist damit nicht getroffen worden (vgl. Unterrichtung durch die Bundesregierung, Erläuterungen zu den Anlagen zum Einigungsvertrag, BTDrucks. 11/7817, S. 17 <19, 20 f.>).
b) Die Entscheidung des Richterwahlausschusses bewirkt, daß die - zunächst durch das Richtergesetz der DDR, dann durch den Einigungsvertrag erteilte - Ermächtigung zur Ausübung der Rechtsprechung (Maßgabe o) Abs. 2 Satz 2) erlischt. Die Beendigung der Ermächtigung zur Ausübung der Rechtsprechung ist jedoch nicht Gegenstand sondern nur Rechtsfolge der Entscheidung des Richterwahlausschusses. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Absatz 2 Satz 2 der Maßgabe o) endet die Rechtsprechungsermächtigung mit der (Bekanntgabe der) Entscheidung des Richterwahlausschusses, und zwar unabhängig davon, ob eine positive oder eine negative Entscheidung über die Eignung des Betroffenen ergeht. Der Richterwahlausschuß entscheidet also nicht darüber, ob ein Richterverhältnis fortbestehen soll oder nicht; der besondere Status des "ermächtigten Richters" endet vielmehr kraft Gesetzes im Zeitpunkt der Entscheidung unabhängig von deren Inhalt (so auch OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluß vom 22. Mai 1992 - 2 OVG M 44/91; Bezirksgericht Magdeburg, Neue Justiz, 1991, S. 559 zur insoweit identischen Rechtslage bei den Staatsanwälten).
Maßgabe o) knüpft auch insoweit an das Richtergesetz der DDR an. Nach § 45 Abs. 2 in Verbindung mit § 50 DDR-RiG sollten die Berufungsverfahren der Richter bis zum 15. Januar 1991 abgeschlossen sein. Zunächst sollte zu diesem Zeitpunkt auch ihre Ermächtigung zur Ausübung der Rechtsprechung enden. Der Einigungsvertrag (Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe o)) verlängerte nicht nur die Überprüfungsfrist; er hat auch die ursprünglich zwingende Norm des § 45 Abs. 2 Satz 1 DDR-RiG in eine Sollvorschrift umgewandelt. Damit entfiel jedoch ein fester Zeitpunkt für den Fristablauf. Deshalb wurde die Beendigung der Rechtsprechungsermächtigung mit der Entscheidung des Richterwahlausschusses verbunden, ohne daß sie hierdurch zum Inhalt der Entscheidung gemacht worden wäre (vgl. Rieß in: Löwe/Rosenberg, StPO, Nachtrag 24 Einigungsvertrag, 1991, Teil A, Rdnr. 46).
Gegenstand der Entscheidung des Richterwahlausschusses ist mithin lediglich die Feststellung der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine Ernennung zum Richter auf Probe oder auf Zeit (§§ 9 Abs.1, 13 Abs. 4 DDR-RiG, § 5 Abs. 1 ORWA). Soweit die Richterwahlausschüsse in den Ausgangsverfahren in Nummer 2 ihrer Entscheidungen das Ende der Rechtsprechungsermächtigung festgestellt haben, ist dies lediglich ein deklaratorischer Hinweis auf die Rechtslage (ebenso Bezirksgericht Magdeburg, Neue Justiz, 1991, S. 559 <560>).
Durch eine negative Entscheidung des Richterwahlausschusses wird somit nicht ein bestehendes Richterverhältnis durch Entlassung oder eine ihr vergleichbare Verfügung beendet. Vielmehr wird - da der zuständige Minister an die Zustimmung des Richterwahlausschusses gebunden ist (§ 12 Abs. 1 Satz 1 DDR-RiG) - die Berufung in ein neu zu begründendes Richterverhältnis auf Zeit oder auf Probe abgelehnt. Das Verfahren, in dem die Richterwahlausschüsse entscheiden, ist ein Verfahren zur Übernahme in ein richterliches Dienstverhältnis, nicht ein Verfahren zur Entfernung aus einem solchen.
2. § 71 Abs. 3 DRiG beläßt dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit, den Rechtsweg zu den Richterdienstgerichten auch in Verfahren zu eröffnen, die mit den in § 78 DRiG genannten in einem engen Sachzusammenhang stehen (vgl. etwa BGH - Dienstgericht des Bundes - NJW 1977, S. 248; NJW 1981, S. 2011; BVerwGE 50, 11 <17>; Mühl/Arndt in: Fürst/Finger/Mühl/Niedermaier, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht, Stand April 1992, Bd. I, Teil 5 T § 78 Rdnr. 1; Gerner/Decker/Kauffmann, Deutsches Richtergesetz, 1963, § 78 Anm. 1; Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 4. Aufl., 1988, § 78 Rdnr. 2). Ein solcher Sachzusammenhang besteht hier indessen nicht.
a) Zum Wesen richterlicher Tätigkeit nach dem Grundgesetz und dem Deutschen Richtergesetz gehört es, daß sie durch einen nichtbeteiligten Dritten in persönlicher und sachlicher Unabhängigkeit ausgeübt wird. Der Richter ist nach Art. 97 Abs. 1 GG weisungsunabhängig; seine sachliche Unabhängigkeit wird durch die Garantie der persönlichen Unabhängigkeit in Art. 97 Abs. 2 GG institutionell gesichert (vgl. BVerfGE 4, 331 <346>; 14, 56 <69>; 26, 186 <198>; 42, 206 <209>; st. Rspr.). Das Grundgesetz geht grundsätzlich von der Beschäftigung hauptamtlicher und planmäßig endgültig angestellter Richter aus. Auch wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, muß dem Richter doch als ein Mindestmaß an persönlicher Unabhängigkeit garantiert sein, daß er vor Ablauf seiner Amtszeit gegen seinen Willen nur kraft richterlicher Entscheidung unter den im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen aus seinem Amt abberufen werden kann (BVerfGE 4, 331 <344 f.>; 14, 56 <70>; 17, 252 <259>; 18, 241 <255>; 26, 186 <198 f.>; 42, 206 <209>).
b) Das Deutsche Richtergesetz hat den Richterdienstgerichten zum einen die Disziplinarsachen zugewiesen, die in den Ländern traditionsgemäß den Dienststrafgerichten oblagen, zum anderen alle Verfahren, die aus dem besonderen Pflichtenkreis des Richters entstehen und in denen regelmäßig über Ausmaß und Schutz der richterlichen Unabhängigkeit entschieden wird (Amtliche Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Deutschen Richtergesetzes, BTDrucks. III/516, S. 53; Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. III/2785, S. 5). Die Dienstgerichte mit ihrer besonders geregelten personellen Zusammensetzung (vgl. §§ 61 Abs. 2 und 3, 77 Abs. 2 und 3 DRiG) sind also errichtet worden, um die richterliche Unabhängigkeit, Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit als konstitutive und unverzichtbare Elemente des Richterdienstverhältnisses mit einem besonders wirkungsvollen Schutz zu umgeben (vgl. BVerwGE 67, 222 <224 f.>; BGH - Dienstgericht des Bundes - BGHZ 90, 41 <50>; NJW 1977, S. 248 und NJW 1981, S. 2011; Gerner/Decker/Kauffmann, Deutsches Richtergesetz, 1963, § 62 Rdnr. 12). Für Streitigkeiten über Rechte und Pflichten, die sich nicht aus den Besonderheiten des Richteramtes ergeben, sondern aus jedem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis entstehen können - wie etwa Streitigkeiten über Besoldung und Versorgung -, bleibt es bei der Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte (Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. III/2785, S. 5; BVerwGE 67, 222 <225>; BGH - Dienstgericht des Bundes - BGHZ 90, 41 <50 f.>).
c) Die Entscheidung des Richterwahlausschusses, daß der Betroffene die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für ein Richteramt nicht besitzt, greift nicht in eine Rechtsstellung der zur Rechtsprechung ermächtigten Richter ein, die mit dem besonderen Status der Richter nach dem Grundgesetz und dem Deutschen Richtergesetz verglichen werden kann.
aa) Die Rechtsstellung der in der ehemaligen DDR tätigen Richter stand in deutlichem Gegensatz zum Richterbild des Grundgesetzes (vgl. BVerfG - 1. Kammer des Ersten Senats -, Beschluß vom 26. Juni 1991, DtZ 1991, S. 408). Vor allem befanden sich die Richter nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis sondern in einem sozialistischen Arbeitsverhältnis. Sie waren weder persönlich noch sachlich unabhängig. Die Richter am Obersten Gericht konnten jederzeit abberufen werden, die Richter an den Kreis- und Bezirksgerichten dann, wenn sie gegen die Verfassung oder die Gesetze verstießen oder sonst ihre Pflichten gröblich verletzten (vgl. Art. 50 Satz 2, 95 Satz 3 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik in der Fassung vom 7. Oktober 1974 <GBl. I S. 432> - DDRV -; § 53 Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. September 1974 <GBl. I S. 457> - DDR-GVG -). Die Richter waren nicht zur Neutralität und Unparteilichkeit, sondern zur Durchführung der "sozialistischen Gesetzlichkeit" und zur "sozialistischen Parteilichkeit" (vgl. Art. 90 Abs. 1 DDRV; §§ 3, 45 DDR-GVG; Wünsche in: Grundlagen der Rechtspflege, 1983, S. 26) verpflichtet. Es bestand eine Pflicht zur Rechenschaftslegung (vgl. Art. 93 Abs. 3, 95 Satz 2 DDRV; § 17 Abs. 2 DDR-GVG) und eine umfassende Pflicht zur Zusammenarbeit mit anderen staatlichen Organen (§§ 17 Abs. 1, 18, 19 DDR-GVG). Die Richter wurden durch verbindliche Richtlinien, Beschlüsse, Erlasse und Dienstbesprechungen sowie durch Inspektionen angeleitet und überwacht (vgl. Henrichs/Kremer/Hucke, NJW 1991, S. 449 <450 ff.>; Schmid-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, Einleitung Rdnrn. 22 ff.).
bb) Auch durch die in der DDR im Jahr 1990 eingetretenen Veränderungen und durch den Beitritt haben die Betroffenen keine Rechtsstellung erlangt, die derjenigen von Richtern im Sinne des Grundgesetzes vergleichbar ist und deren Schutz deshalb den Richterdienstgerichten übertragen werden könnte. Zwar genossen die aufgrund der ihnen erteilten Ermächtigung weiterhin amtierenden Richter nach der am 17. Juni 1990 erfolgten Änderung der Verfassung der DDR und auf der Grundlage des Richtergesetzes Weisungsfreiheit (vgl. Art. 5 des Gesetzes zur Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 17. Juni 1990 <GBl. I S. 299>; § 3 DDR-RiG). Nach Inkrafttreten des Einigungsvertrags galt zudem die Gewährleistung des Art. 97 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG - 1. Kammer des Ersten Senats -, Beschluß vom 26. Juni 1991, DtZ 1991, S. 408). Die einen wesentlichen Bestandteil des richterlichen Status bildende persönliche Unabhängigkeit erlangt ein Richter jedoch nicht allein dadurch, daß er bei einer als Gericht qualifizierten Dienststelle tätig ist und eine rechtsprechende Tätigkeit ausübt (vgl. BVerfGE 4, 331 <345>), sondern erst durch die Verleihung eines Richteramtes. Die am Tag des Beitritts noch amtierenden und lediglich zur Ausübung der Rechtsprechung ermächtigten Richter sind aber gerade noch nicht in ein Richteramt berufen worden, welches das erforderliche Mindestmaß an persönlicher Unabhängigkeit zu gewährleisten vermag. Auch der Einigungsvertrag hat ihnen keinen richterlichen Status im Sinne des Grundgesetzes vermittelt, sondern lediglich im öffentlichen Interesse zur Vermeidung eines Stillstands der Rechtspflege ihre vorläufige und unter dem Vorbehalt der Überprüfung stehende Ermächtigung zur Ausübung der Rechtsprechung belassen und bestätigt. Die Betroffenen mußten nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Maßgabe o) jederzeit mit einer Beendigung dieser Ermächtigung rechnen. Der Einigungsvertrag übertrug ihnen kein Amt, aus dem sie gegen ihren Willen vor Ablauf einer bestimmten Amtszeit nur durch Abberufung und nur durch richterliche Entscheidung hätten entfernt werden können. Daß Maßgabe o) Abs. 2 Satz 2 von den "im Amt befindlichen" Richtern spricht, steht dem nicht entgegen - die diesbezüglichen Formulierungen in Maßgabe o) sind wechselnd; hier wird ersichtlich nur darauf Bezug genommen, daß die Betroffenen rechtsprechend tätig waren.
cc) Das mit der Entscheidung des Richterwahlausschusses eintretende Ende der Rechtsprechungsermächtigung ist nicht vergleichbar mit den administrativen Maßnahmen, die regelnd in ein konkretes Richteramt eingreifen und deren Überprüfung deshalb in die Zuständigkeit der Dienstgerichte fällt (vgl. etwa § 78 Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4 Buchst. a), c) DRiG).
d) Die Entscheidung des Richterwahlausschusses gleicht auch nicht den Disziplinarsachen oder den Anordnungen der Dienstaufsicht, die von den Dienstgerichten zu überprüfen sind, wenn sich der Betroffene in seiner sachlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt fühlt (vgl. § 78 Nr. 1, Nr. 4 Buchst. e) in Verbindung mit § 26 Abs. 3 DRiG). Die Richterwahlausschüsse entscheiden darüber, ob der Bewerber die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für die künftige Wahrnehmung eines Richteramtes unter gewandelten rechtlichen Verhältnissen besitzt. Wenn bei der Prüfung der sachlichen und persönlichen Eignung frühere richterliche Entscheidungen des Betroffenen herangezogen werden, dienen diese lediglich als Entscheidungsgrundlage für diese Eignungsprognose. Ihre Auswertung hat nicht den Zweck, den Betroffenen zur Pflichterfüllung anzuhalten oder mögliche Dienstvergehen zu ahnden. Wird die Eignung des Überprüften für ein Richteramt verneint, so liegt dem nicht der Vorwurf einer schuldhaften Pflichtverletzung zugrunde.
Auch daß ein zur Rechtsprechung ermächtigter Richter sich möglicherweise allein durch die Tatsache der bevorstehenden Überprüfung in seiner Unabhängigkeit beeinträchtigt fühlt, begründet noch keinen hinreichend engen sachlichen Zusammenhang zur Zuständigkeit der Dienstgerichte. Derartige innere Hemmnisse verletzen nicht die richterliche Unabhängigkeit; die Betroffenen können ihre Entscheidungen sachlich unabhängig, das heißt frei von Weisungen treffen (BVerfGE 31, 137 <141>).
IV.
§ 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 BRRG eröffnet den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten grundsätzlich für alle Klagen der Richter aus dem Richterverhältnis. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte handelt es sich um eine solche Klage auch dann, wenn ein abgewiesener Bewerber seine Berufung in ein Richterdienstverhältnis begehrt (vgl. BVerwGE 38, 105 <106>). Die zur Rechtsprechung ermächtigten Richter, die die Übernahme in ein Richterdienstverhältnis wünschen, streben letztlich die Übertragung eines neuen Richteramtes im Sinne des - durch den Einigungsvertrag modifizierten - Deutschen Richtergesetzes an. Da sie dies mit der Behauptung tun, entgegen der Auffassung des Richterwahlausschusses die Eignung für dieses Richteramt zu besitzen, ist der für die Anwendbarkeit des § 71 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 126 BRRG erforderliche unmittelbare Bezug zu einem Richterverhältnis im Sinne des Deutschen Richtergesetzes gegeben, auch wenn sich das (administrative) Berufungsverfahren als solches nach fortgeltendem Recht der DDR richtet.
Sind die in Rede stehenden Streitigkeiten kraft Bundesrechts den Verwaltungsgerichten zugewiesen, bleibt für eine abweichende landesrechtliche Regelung des Rechtswegs nach § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO kein Raum.
Böckenförde | Klein | Graßhof | |||||||||
Kruis | Kirchhof | Winter | |||||||||
Sommer |
Abweichende Meinung des Richters Böckenförde, der Richterin Graßhof und des Richters Kirchhof zu der Senatsentscheidung vom 8. Juli 1991
- 2 BvL 27/91, 2 BvL 31/91 -
Wir können der Entscheidung des Senats nicht zustimmen. Der Einigungsvertrag hat den im Richtergesetz der DDR vom 5. Juli 1990 gewählten besonderen Weg der Überleitung der bisherigen Richter der DDR in rechtsstaatlich geprägte Richterverhältnisse anerkannt. Er hat diesen gerade und nur auf die spezifische Situation der ehemaligen DDR bezogenen Regelungsbereich nicht den auf die normalen Verhältnisse in den alten Bundesländern zugeschnittenen Vorschriften des Deutschen Richtergesetzes unterstellt, vielmehr insoweit Raum gelassen für eine Lückenausfüllung durch die Gesetzgeber in den neuen Bundesländern. Diese konnten daher auch bestimmen, daß die Richterdienstgerichte zur Überprüfung der Entscheidungen der Richterwahlausschüsse zuständig sind.
1. Der Einigungsvertrag legt in Anlage I Kapitel III Abschnitt A Nr. 8 Maßgabe o) fest, daß "für den Fortbestand der Richterverhältnisse der am Tage des Beitritts amtierenden Richter" die Vorschriften des Richtergesetzes der DDR (DDRRiG) in Verbindung mit der Ordnung über die Bildung und Arbeitsweise der Richterwahlausschüsse (ORWA) fortgelten. Das DDR- Richtergesetz ist daher für den genannten Sachbereich lex specialis und tritt an die Stelle des Deutschen Richtergesetzes; das Deutsche Richtergesetz findet insoweit keine Anwendung. Der (politische) Sinn dieser Regelung ist, wie auch die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme hervorhebt, daß die Überleitungsregelung für die bisherigen Berufsrichter der DDR, wie sie die demokratisch gewählte Volkskammer nach dem Umbruch im Richtergesetz der DDR in einer Verbindung von gewollter Kontinuität und rechtsstaatlicher Erneuerung getroffen hat, unangetastet bleiben soll.
Wir stimmen mit dem Senat darin überein, daß das in der Maßgabe o) in Bezug genommene DDR-Recht insoweit eine verfahrensrechtliche Lücke enthält, als es nicht den - von Art. 19 Abs. 4 GG verlangten - Rechtsweg in konkreten Gerichtszuständigkeiten vorzeichnet. Wir können dem Senat aber nicht darin folgen, daß das Deutsche Richtergesetz insoweit anwendbar ist und mit § 71 Abs. 3 DRiG, S 126 BRRG eine Regelung zur Ausfüllung der Lücke des fortgeltenden DDR-Rechts bereithält. Die vom Senat dafür herangezogene "zugrundeliegende Systematik" des Abschnitts III weist bei Berücksichtigung des Regelungszwecks der Maßgabe o) gerade in eine andere Richtung. Hat der Einigungsvertrag die Abwicklung und Überleitung der Rechtsverhältnisse der Richter der ehemaligen DDR dem Erneuerungsprozeß in den neuen Ländern überlassen wollen und für diesen daher keine bundesrechtliche Regelung festgelegt, so muß davon ausgegangen werden, daß die Lücke nicht ohne weiteres durch die für die Richter im Landesdienst sonst geltenden § 71 Abs. 3 DRiG und § 126 BRRG geschlossen wird. Vielmehr gehört die Frage des Rechtsschutzes gegen Entscheidungen des Richterwahlausschusses zur verfahrensrechtlichen Seite der Sachmaterie "Fortbestand der Richterverhältnisse". Für diese Materie soll gemäß Maßgabe o) allein das DDR-Richtergesetz und nicht das Deutsche Richtergesetz maßgebend sein. Enthält das DDR-Richtergesetz nicht die Bestimmung des zuständigen Gerichtes für den von Art. 19 Abs. 4 GG gewährten Rechtsweg, so ist insoweit die Regelung nicht abgeschlossen, ohne daß dafür eine bundesgesetzliche Vorgabe besteht; dies läßt es zu, daß die Landesgesetzgeber in den neuen Ländern im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Kompetenz den Rechtsweg regeln.
Der sächsische Landesgesetzgeber konnte daher den Rechtsweg gegen Entscheidungen des Richterwahlausschusses selbst bestimmen. Es handelt sich insoweit gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO um eine öffentliche Streitigkeit auf dem Gebiet des Landesrechts, die einem "anderen Gericht" durch Landesgesetz zugewiesen werden kann. Hierfür durfte der Landesgesetzgeber - aus sachgerechten Gründen - jedes Gericht aes Landes für zuständig erklären, also auch das Richterdienstgericht als besonderes Verwaltungsgericht. Die Tatsache, daß dieses besondere Verwaltungsgericht nach Bundesrecht eine nahezu abschließende bundesrechtliche Zuständigkeit hat, steht nicht entgegen. Die bundesrechtliche Zuständigkeitsregelung ist nicht in dem Sinne abschließend, daß der Landesgesetzgeber den vorhandenen Spruchkörpern nicht weitere Aufgaben zuweisen könnte. Der Landesgesetzgeber nimmt dieses Gericht nicht als Richterdienstgericht mit der nach § 78 DRiG abschließend geregelten Zuständigkeit für Streitigkeiten aus dem besonderen Status der Richter in Anspruch, sondern als ein vorhandenes besonderes Verwaltungsgericht des Landes, das für die anstehenden landesrechtlichen Streitigkeiten anläßlich der Entscheidungen der Richterwahlausschüsse kraft seiner rahmenrechtlich festgelegten Zuständigkeit besondere Erfahrung hat. Folgerichtig regelt er diese Zuständigkeit auch nur in den Übergangsbestimmungen des Richtergesetzes.
Daß der Gesetzgeber für diese Zuständigkeit gerade das Richterdienstgericht und nicht die allgemeinen Verwaltungsgerichte vorgesehen hat, lag zudem sachlich nahe. Denn bei der Regelung des Fortbestands der Richterverhältnisse der amtierenden Berufsrichter der DDR, wie sie das Richtergesetz der DDR vorgenommen hat, handelt es sich um einen Übergang aus einem nichtrechtsstaatlichen Richterverhältnis in ein rechtsstaatlich geprägtes Richterverhältnis in Form der Abwicklung oder Überleitung. Dabei wird aber das Verhalten in der bisherigen Richtertätigkeit maßgeblich mit in Betracht gezogen (vgl. § 5 Abs. 2 ORWA), also "Richtertätigkeit" beurteilt, und zwar auch eine Richtertätigkeit, die - seit Geltung des Richtergesetzes der DDR - in sachlicher richterlicher Unabhängigkeit ausgeübt wird und rechtsstaatlichen Anforderungen zu genügen hat. Wenn der Landesgesetzgeber auf dieser Grundlage für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen der Richterwahlausschüsse eine Zuständigkeit des Dienstgerichts begründet, so trägt er der Tatsache Rechnung, daß auch dem nach Maßgabe o) Abs. 2 Satz 2 ermächtigten Richter die Ausübung rechtsprechender Gewalt anvertraut ist, er deshalb sachliche richterliche Unabhängigkeit beansprucht und demgemäß eine Zuständigkeitsregelung erwarten darf, welche die richterliche Unabhängigkeit mit einem besonders wirkungsvollen Schutz umgibt (vgl. dazu BVerwGE 67, 222 <224 f.>; BGHZ 90, 41 <50>).
2. Besteht eine Regelungsbefugnis des Gesetzgebers ohne Bindung an die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Deutschen Richtergesetzes, bedarf es nicht der detaillierten Ausführungen des Senats, ob die durch § 61 Abs. 6 und 7 SächsRiG begründete Zuständigkeit des Richterdienstgerichtes den in § 78 des Deutschen Richtergesetzes festgelegten Zuständigkeiten unterfällt oder doch in einem engen sachlichen Zusammenhang mit einer dieser Zuständigkeiten steht. Geht man aber, wie der Senat, von einer Bindung an das Deutsche Richtergesetz aus, ist nicht einzusehen, warum nicht ein enger Sachzusammenhang mit den in § 78 DRiG genannten Zuständigkeiten angenommen wird, die darauf abzielen, die Überprüfung aller Maßnahmen, die die richterliche Unabhängigkeit berühren, den Richterdienstgerichten zuzuweisen.
Bei der Begründung des Sachzusammenhangs stellt der Senat darauf ab, daß den zur Rechtsprechung ermächtigten Richtern nicht auch persönliche Unabhängigkeit zukommt. Dabei wird nicht berücksichtigt, daß ein Richter, der rechtsstaatliche Rechtsprechung wahrzunehmen hat und dabei gegenwärtig die persönliche Unabhängigkeit noch nicht in Anspruch nehmen kann, hinsichtlich der Verwirklichung der ihm allein zukommenden sachlichen Unabhängigkeit des richterspezifischen rechtlichen Schutzes bedarf. Wird die Rechtsprechung eines solchen Richters von einem Richterwahlausschuß daraufhin beurteilt, ob der Richter die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für eine Übernahme in ein Landesrichterverhältnis erfüllt, so berührt das die sachliche Unabhängigkeit des Richters in der Ausübung der Rechtsprechung.
Weiterhin geht es dem DDR-Richtergesetz, wie dargelegt, um einen Übergang aus den bisherigen Richterverhältnissen in rechtsstaatlich geprägte Richterverhältnisse, die Kontinuität mit Erneuerung verbindet. Wenn die bisher amtierenden Richter im Falle ihrer Einigung gemäß § 9 Abs. 1 DDR-RiG zum Richter auf Zeit oder auf Probe zu berufen sind (§ 45 Abs. 1 DDR-RiG), sie bis zur Entscheidung hierüber zur Ausübung der Rechtsprechung ermächtigt sind, das heißt als Richter in sachlicher Unabhängigkeit amtieren, die Prüfung der Eignung aber einem Richterwahlausschuß obliegt (§ 13 Abs. 4 DDR-RiG), ist dessen ablehnende Entscheidung in hohem Maße geeignet, die richterliche Unabhängigkeit dieser Richter zu berühren. Daran ändert die in Maßgabe o) Abs. 2 getroffene Regelung, daß die Ermächtigung zur Rechtsprechung mit der Entscheidung des Richterwahlausschusses in jedem Fall (ex lege) endet, das heißt auch wenn diese Entscheidung positiv ausfällt, nichts. Sie hat eher rechtstechnische Bedeutung und hebt die im Satz davor getroffene normative Aussage, daß die Richterwahlausschüsse "über den Fortbestand der Richterverhältnisse" entscheiden, nicht auf.
Der Senat kommt zu seinem Ergebnis auch nur dadurch, daß er die in der Maßgabe o) zweimal gebrauchte Formulierung vom "Fortbestand der Richterverhältnisse" der amtierenden Richter in ihrem Bedeutungsgehalt verkennt und in die Nähe einer falsa demonstratio rückt (III. 1. a) des Beschlusses). Dafür besteht aber weder Anlaß noch Rechtfertigung. In dieser Formulierung schlägt sich nämlich gerade die normative Intention des DDR-Richtergesetzes zutreffend nieder, in der gegebenen einmaligen Situation die Abwicklung der Richterverhältnisse der DDR in Form einer grundsätzlichen Überleitung der im Sinne des § 9 Abs. 1 DDR-RiG geeigneten amtierenden Richter in rechtsstaatlich geprägte Richterverhältnisse vorzunehmen. Der Einigungsvertrag wollte, wie Maßgabe o) ausweist, diesen im Richtergesetz der DDR gewählten besonderen Weg der Hinführung zur Rechtsstaatlichkeit gerade respektieren und ihm nicht bundesgesetzliche Regelungen überstülpen.
Böckenförde | Graßhof | Kirchhof | |||||||||